Das sind die Themen:
Eine Entscheidung mit Folgen
Das Unkraut im Rasen bringt uns in ein Dilemma: Einerseits wollen wir die paar Quadratmeter Rasen zum spielen und relaxen nutzen. Andererseits wollen wir der Natur ein Refugium bieten. In diesem Beitrag bespreche ich die wichtigsten Unkräuter im Rasen. Was wir dagegen tun können ist Thema im Beitrag „Unkrautbekämpfung im Rasen„.
An dieser Stelle könnten wir endlos philosophieren… über den Stellenwert der Natur in unserer Gesellschaft im Allgemeinen oder – viel interessanter – bei uns im Besonderen!
Keine Angst! Ich will Sie nicht belehren, bekehren oder Ihnen ein schlechtes Gewissen einreden, weil Sie einen „schönen“, unkrautfreien Rasen anstreben. Aber ein paar Gedanken sollte uns das Thema schon wert sein.
Nähern wir uns dem Konflikt ohne Wertung:
Eine Blumenwiese zieht Insekten an. Schön! Ein paar abgefallene Pflaumen ziehen noch mehr Insekten an. Prima! Oder? Grundsätzlich ist alles, was natürlich geschieht, gut – für die Natur. Der Störenfried der Natur ist immer der Mensch.
Rasen oder Wiese?
Andererseits: Es hat einen guten Grund, wenn wir uns Rasen anlegen statt einer Blumenwiese. Rasen ist als Liegeplatz geeigneter als Wiese, er ist trittfester, was ihn für Spiele auszeichnet und die Grasnarbe hält starken Scherkräften stand. Letztere Eigenschaft ist unverzichtbar bei vielen Sportarten, weil die Sicherheit davon betroffen ist. Eines muss aber klar ausgesprochen werden: Mit Natur hat der intensiv gepflegte Sport-, Spiel- oder Zierrasen nicht mehr viel zu tun. Ökologisch ist er so wertvoll wie ein Feldweg.
Wir richten unseren Garten so ein, dass wir ihn nach unseren Bedürfnissen nutzen können – sozusagen als Refugium für uns. Der Naturfreak wird sich an seiner lebendigen Blumenwiese freuen, er braucht keinen Spielrasen. Die tobenden Kinder brauchen einen strapazierfähigen Rasen ohne viel „Beiwuchs“. Irgendwo dazwischen wird sich jeder seinen Rasen einrichten. Auf Nuancen und Alternativen komme ich gleich.
Unerwünschte Kräuter (Unkräuter?)
Sie haben bis jetzt schon viel gelesen, was zu geringerem Kräuteraufkommen führt. Die richtige Düngung, der regelmäßige, kurze Schnitt, eine gute Gräsermischung usw.
Nun haben die Rasenunkräuter reagiert und ihr Wuchsverhalten den Bedingungen angepasst. Die Natur ist nämlich cleverer, als wir denken. Manche Unkräuter vertragen einen sehr kurzen Schnitt und sind mit dem Ausstechen auch nicht völlig auszumerzen.
Sicher muss auch nicht jedes Kraut bekämpft werden, das sich erlaubt zu wachsen. Aber manche Kräuter nehmen einfach überhand, wenn man nichts dagegen tut. Ich teile sie in drei Gruppen ein:
Rosetten bildende Kräuter
Es sind Kräuter, die aus einem sehr tief liegenden Vegetationspunkt heraus Wurzeln, Blüten und Blätter treiben. Diese Blätter decken den Boden oft so dicht ab, dass darunter kein Wachstum mehr möglich ist. Der Rasen an dieser Stelle stirbt mangels Licht ab. Werden diese Kräuter gejätet, kommen 5-20cm große Kahlstellen zum Vorschein. Diese Stellen sind unbedingt nach zu säen, weil die Natur solche Lücken von selbst wieder schließt – in ihrem Sinne!
Beispiele
Gänseblümchen – Bellis perennis.
Es sieht harmlos aus und ist schön anzusehen, wenn es blüht. Das Gänseblümchen vermehrt sich durch Samen. Theoretisch müssen wir es immer wieder kurz mähen, sodass es nicht zum blühen kommt. In der Praxis zeigt sich, dass es schon nach einer Saison mit extrem kurzem Schnitt bereits
Blüten unter der Schnitthöhe ausbilden kann!
Schaffen wir es nicht, das Gänseblümchen durch ständiges Mähen an der Samenbildung zu hindern, vermehrt es sich massenhaft, verdrängt die Gräser und bildet einen dichten Teppich.
Frühzeitiges ausstechen schon beim ersten Aufkommen erspart später großen Aufwand. Achten Sie darauf, auch die kurzen Ausläufer auszustechen, besser noch, in feuchtem Boden auszureißen.
Breitwegerich – Plantago major
Viele Kräuter kommen bei strapazierten Rasenflächen gar nicht auf. Die Wegerich-Arten jedoch vertragen auch starke Trittbelastung und gelten als Zeigerpflanze für verdichtete Böden. Ihre Wurzeln reichen bis zu 80cm tief.
In der Natur besiedelt der Wegerich Magerwiesen und Trockenrasen. Regelmäßiges beregnen und düngen drängt ihn zurück.
Löwenzahn – Taraxacum officinale
Seine Fähigkeit, sich an Tiefschnitt anzupassen, hilft ihm, sich im Rasen auszubreiten. Auf Wiesen werden die Blütenstengel 50cm und höher. Auf kurzem Rasen wird der Stengel nur wenige Milimeter lang, um dem Schnitt zu entgehen und die Blüte wird extrem früh reif.
Seine Pfahlwurzel reicht bis einen Meter tief. Deshalb ist Löwenzahn so hartnäckig. Selbst bei tiefem Ausstechen verbleibt ein Stück Wurzel im Boden, das sich verzweigt und neue Sprosse treibt. Der Samen verbreitet sich durch Wind und sorgt permanent für „Nachschub“.
Hirtentäschelkraut – Capsella bursa-pastoris
Solange es keine Samen verbreitet, ist es leicht einzudämmen. Bei planmäßiger Düngung wird es von alleine verschwinden. Es liebt nämlich eher magere Standorte wie an Wegrändern, Schutt- und Geröllhalden.
Ausläufer treibende Kräuter
Sie sind am schwierigsten im Zaum zu halten, weil sie sich ihrem neuen „Lebensraum Rasen“ perfekt anpassen: Sie verringern ihre Wuchshöhe und kriechen so flach, dass ihnen der Rasenmäher nichts anhaben kann. Sie vermehren und verbreiten sich durch oberirdische oder unterirdische Ausläufer. Solche Bestände zu vertikutieren ist Vermehrung in großem Stil! Sparen Sie also diese Flächen beim Vertikutieren lieber aus, sonst werden Sie der Plage nicht mehr Herr.
Überhaupt gilt bei den Ausläufer treibenden Kräutern: Sehr frühzeitig und vollständig jäten, sonst ist diese Gruppe ohne Chemie nicht mehr zu bändigen.
Beispiele
Kriechender Hahnenfuß – Ranunculus repens
In der Natur besiedelt der Kriechende Hahnenfuß feuchte, humusreiche Böden. Auch schwere, verdichtete Böden können ihm nichts anhaben. Er wird normalerweise 10-50cm hoch, kann sich aber im Rasen sehr schnell „ducken“ und wird plötzlich nur noch 2-5 cm hoch.
An jedem Knoten kann sich eine neue Pflanze entwickeln. Das macht ihn so unbeliebt, ja gefürchtet unter den Gartenbesitzern. Zumindest chemisch ist er noch befriedigend zu bekämpfen.
Ehrenpreis in verschiedenen Arten –Veronica
Die kleineren Ehrenpreis-Arten schleichen sich im Rasen ein und können sich schnell vermehren. Besonders der Faden-Ehrenpreis treibt bis zu 50cm lange Triebe, die sich an jedem Knoten neu bewurzeln können. Bei optimalen Rasen-Bedingungen fühlen sich auch Ehrenpreis-Arten wohl. Oft bleibt nur die „chemische Keule“.
Quecke – Elymus repens
Die Quecke ist in einem Rasen an schnell wachsenden Horsten erkennbar. Einzelne Gräser breiten sich zu dichten Horsten von 20-40cm aus und verdrängen die „Edelgräser“. Sie wächst wesentlich
schneller und höher (50-100cm) als Rasengräser und ist alleine daran schon zu erkennen. Die Quecke siedelt sich an Kahlstellen oder bei weniger dichter Grasnarbe an.
Bei regelmäßigem, kurzem Schnitt ist sie leicht einzudämmen. Große Büschel kann man ausreißen, jedoch bleiben immer Wurzelspitzen im Boden, die zu neuem Leben erwachen.
Weißklee – Trifolium repens
Er wächst sehr schnell und kann sich mit seinen oberirdischen Ausläufern auch schnell vermehren.
Bei guter Nährstoff-Versorgung wird er zurück gedrängt. Das ist die Wirkungsvollste Prävention.
Nach dem Vertikutieren achten Sie unbedingt darauf, dass die Triebe vollständig entfernt sind. Danach gleich nachsäen.
Sauerklee in verschiedenen Arten – Oxalis
speziell Hornsauerklee – Oxalis corniculata
Hornsauerklee zähle ich zu den schwierigsten Kräutern. Ja, ihn bezeichne ich sogar als Unkraut, weil er schlecht bis gar nicht zu bekämpfen ist. Er kriecht mit einem extrem dichten Wurzel- und Ausläufersystem und kann in nur 1-4cm Höhe einen dichten Teppich ausbreiten. Einzelpflanzen sind kaum zu bekämpfen. Bei betroffenen Stellen mindestens 10cm tief ausheben, frische Erde auffüllen und neu einsäen.
Selbst viele chemische Präparate versagen bei Sauerklee. Mehrmalige Behandlung mit Totalherbiziden sind der letzte Ausweg, der Erfolg verspricht.
Gundermann – Glechoma hederacea
Ein Kraut, das bei idealen Rasenbedingungen wächst: Häufiger Schnitt, gute Nährstoff-Versorgung und humoser, feuchter Boden. Gundermann treibt bis zu zwei Meter lange, z.T. unter der Mähgrenze von 4
cm wachsende Ausläufer, die an den Knoten einwurzeln.
Eine wirksame Bekämpfung ist nur im Anfangsstadium möglich. Chemische Bekämpfung durch Präparate mit dem Wirkstoff „MCPP-P“. Alternativ örtlich begrenzte Unkrautvernichtung mit Totalherbiziden.
Ähnliche Wachstumsbedingungen und Wuchsverhalten sind beim kriechenden
Fingerkraut (Potentilla reptans) gegeben.
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Hallo! Wir haben endlos viel Kleines Habichtskraut in der Wiese, – was tun? Ich habe versucht es zu jäten, – also, das ist ein jahresjob und zieht riesige Felder kahlen Bodens nach sich. Das ist okay, ich kann neu ansäen, aber es erscheint mir trotzdem praktisch nicht durchführbar…
Herzlich, P.S.
Hallo,
Habichtskraut ist, von der chemischen Keule abgesehen, schwer zu bekämpfen. Es treibt nämlich Ausläufer und von den Pfahlwurzeln wird beim Ausstechen immer ein austriebfähiger Wurzelrest im Boden bleiben.
So wie Sie es schildern, gefällt es dem Habichtskraut bei Ihnen. Das heißt, es hat optimale Bedingungen. Die wären bei dem angenommenen Mausohr-Habichtskraut eher nährstoffarme und saure Böden. Das gefällt andererseits dem Rasen nicht. Deshalb hat das Kraut leichtes Spiel.
Das können Sie tun:
Bodenanalyse durchführen und entsprechend den Boden verbessern, Ph-Wert sollte auf 6,5 bis 7 eingestellt sein (kalken eher im Winter).
Wenn der Boden stimmt, die 2cm starke oberschicht Boden abtragen und neu einsäen. Bei optimaler Nährstoffversorgung wird das Habichtskraut im Rasen kaum noch eine Chance haben.
Viel Erfolg!